Zwei kleine Heime ganz groß

Auf Erfolgskurs

Als ich Nicole Barann zum Gespräch über die beiden Wohngemeinschaften in Lage und Lemgo treffe, macht sie gleich zu Beginn deutlich, dass ihr all die Lobhudelei eigentlich unangenehm ist. „Ich mag das nicht, wenn man mich so in den Mittelpunkt stellt. Ich probiere einfach nur, meine Arbeit zu machen“, sagt sie. Und doch steckt hinter dieser Arbeit eine Geschichte, die zeigt, wie viel in kurzer Zeit entstehen kann.

„Unser kleines Heim in Lage“ öffnete am 1. Dezember 2023, wenige Monate später, im März, war bereits jeder Platz belegt. In Lemgo fiel der Startschuss am 30. September 2024, und schon im November war auch dieses Haus voll. „Unfassbar, wie schnell das ging“, sagt Nicole, und bis heute ist die Warteliste lang. Mehr als 50 Mitarbeiter*innen sind inzwischen Teil der beiden WGs.

Besonders stolz ist Nicole darauf, dass viele von ihnen hier überhaupt erst ihren Weg in die Pflege gefunden haben. Zahlreiche Helfer*innen, die zunächst ohne Ausbildung gestartet sind, haben sich inzwischen entschieden, eine Lehre zu beginnen. Manche sind als Quereinsteiger gekommen, haben inzwischen eine Ausbildung aufgenommen, andere kamen ursprünglich nur für ein Praktikum und sind geblieben. Zwei von ihnen sind sogar den Weg bis zur Pflegedienstleitung gegangen. „Wir haben unglaublich viele Schüler*innen – zwölf aktuell, zwischen 17 und 37 Jahren“, erzählt Nicole. „Manchmal sage ich auch: Nehmt doch einfach noch mehr auf.“ Ihre Auszubildenden nennt sie liebevoll ihre „Sweeties“. Regelmäßig gibt es Azubi-Tage, an denen die Nachwuchskräfte ganz im Mittelpunkt stehen.

Dass die beiden Häuser so gefragt sind, liegt aber nicht allein an den Ausbildungswegen. Es liegt auch daran, wie hier gelebt wird. Wellness-Tage, Herrenabende in der Kneipe, Ausflüge an den See oder sogar ins Flugzeug gehören zum Alltag. Einem Bewohner wurde der Wunsch erfüllt, das erste Mal in seinem Leben zu fliegen. Mit einer krebskranken Bewohnerin war das Team am Steinhuder Meer, und sogar ein Pferd war schon in den WGs zu Besuch. „Mir ist wichtig, dass sich die Bewohner*innen nicht langweilen“, sagt Nicole. „Man gibt eine Linie vor, die Pflegekräfte geben sie an die Hilfskräfte weiter, und so kommt es bei den Klient*innen an. Und sie wissen – Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen – dass sie immer zu mir kommen können, auch wenn es etwas Privates ist.“

Wie sehr ihr Führungsstil wirkt, spürt man, wenn man mit ihren Mitarbeiter*innen spricht. Lara-Marie Zielke, die seit 2024 Pflegedienstleitung in Lage ist, erzählt: „Ich bin wegen Nicole hingekommen und auch deswegen geblieben. Ich kenne sie schon aus meiner Ausbildungszeit. Sie ist ein lockerer Typ, es passt menschlich einfach gut. Sie gibt mir Vertrauen entgegen und lässt mich machen. Man kann sich in alle Richtungen weiterentwickeln – und es lohnt sich immer.“

Auch Jascha Bebermeier, der in Lemgo angefangen hat, berichtet von ähnlichen Erfahrungen. „Ich habe die dreijährige Ausbildung einmal abgebrochen. Hier habe ich mich direkt willkommen gefühlt. Schon beim Bewerbungsgespräch hat Nicole mir gesagt, dass ich erst einmal ein bisschen Erfahrung sammeln soll. Das war genau das Richtige. Heute mache ich die Ausbildung zum Pflegefachassistenten und will danach weitermachen. Die DF nimmt dich auf wie eine zweite Familie. Und hier wird man vernünftig eingearbeitet – das war mir wichtig.“

Für die Zukunft wünscht sich Nicole nichts Großes für sich selbst. „Grundsätzlich, dass alle gut durch die Ausbildung kommen und bestehen. Und dass die beiden WGs weiter so laufen wie bisher. Wichtig ist mir auch, den Austausch mit den anderen WGs zu stärken – zum Beispiel mit Bad Salzuflen, die jetzt dazukommt.“ Dann lehnt sie sich zurück, fast ein wenig verlegen, und sagt leise: „Ich habe einfach zwei unfassbar gute Teams. Da habe ich vielleicht auch einfach Glück gehabt.“