Kirsten Salzmann lebt in der Alten- und Krankenpflege-Wohngemeinschaft Unser kleines Heim in Jöllenbeck. Sie hat Multiple Sklerose, kann nur noch ihren Kopf bewegen – und war lange Zeit nahezu vollständig von der Welt abgeschnitten.
„Ich konnte nichts. Ich war für niemanden erreichbar. Ich war hier wie hinterm Mond“, sagt sie rückblickend. Der Wendepunkt kam, als Pflegekräfte aus der WG Bettina Sfiktelis um Hilfe baten. Sie ist die Teamleitung eines aktuell 16-köpfigen Team von Pflegeberater*innen bei der DF – und selbst auch noch in der Pflegeberatung tätig. „Sie haben mich angesprochen und gefragt, ob es eine Möglichkeit gibt, Frau Salzmann mehr Selbstständigkeit zu ermöglichen“, erzählt Bettina. „Und da wusste ich: Hier muss mehr passieren.“
Ursprünglich ging es um einen Pflegeruf – diskutiert wurde über ein Babyfon. Doch Bettina dachte weiter. Ihre Idee: eine Sprachsteuerung. „Das ist kein Standardhilfsmittel. Es wird selten verordnet, vor allem nicht für Klient*innen, die nicht beatmet sind“, erklärt sie. Drei verschiedene Stellen mussten eingebunden werden, Gutachten eingeholt, medizinische Notwendigkeiten belegt werden.
„Ich habe meine Kompetenz genutzt, um zu schauen: Was braucht sie wirklich? Was ist möglich – auch wenn es nicht im Hilfsmittelkatalog steht?“, so Bettina. Der Aufwand war hoch, aber der Gewinn noch höher.
Für Kirsten war die Idee anfangs ungewohnt: „Ich bin überhaupt nicht technikaffin. Aber Bettina hat gesagt: Das geht! – und dann wusste ich: Das geht wirklich. Wenn ich sie neben mir hatte, dann hat mich das bestärkt. Ich hätte mich das sonst nie getraut.“
Heute kann sie selbstständig das Bett verstellen, Licht, Fernsehen und den Pflegeruf bedienen – und vor allem telefonieren. „Ich kann wieder mit meiner Familie oder einer Freundin sprechen. Einfach so. Das war vorher undenkbar. Jetzt bin ich nicht mehr wie abgeschnitten, das ist wunderbar.“
Auch ein automatisches Trinksystem gehört zum Setup. „Dafür braucht sie keine Pflegekraft mehr. Das kann sie jetzt allein“, berichtet Pflegerin Adina. „Sie ist viel selbstständiger geworden. Früher musste man immer mal wieder schauen, um zu wissen, ob ihr etwas fehlt. Heute meldet sie sich einfach selbst.“
Für Bettina ist genau das der Kern ihrer Arbeit: „Ich bin stolz, dass ich über den Tellerrand geschaut habe. Und wenn ich sehe, was Frau Salzmann heute alles kann – dann freue ich mich fast genauso sehr wie sie. Das ist echte Lebensqualität.“
Und Kirsten? Die bringt es auf den Punkt:
„Ich bin jeden Tag dankbar. Es ist einfach wunderbar.“